Das Projekt befindet sich an einem Standort, der aus den überdimensionierten, menschenleeren und repräsentativen Vorräumen von drei Regierungsbauten der ehemaligen DDR besteht: dem Haus der Statistik, dem Haus des Reisens und dem Haus der Gesundheit. Er liegt neben dem ikonischen Alexanderplatz und der von dem Kommunismus geprägten, enormen Verkehrskreuzung Karl-Marx- Allee/Alexanderstraße/Otto-Braun-Straße. Diese Kreuzung ist mit der Geschichte des Stadtbezirks Mitte verbunden, in dem sich über einen Zeitraum von ca. 250 Jahren bedeutende Ereignisse der reichhaltigen und spektakulären Geschichte des Ortes zugetragen haben. Einige dieser Ereignisse und Objekte sind noch vor Ort erlebbar, andere befinden sich direkt unter der asphaltierten Fläche, wieder andere sind nur in den Erinnerungen der Bewohner oder in Geschichtsbüchern vorhanden.
Der Entwurf des Ziegerprojekts interpretiert historische Momente neu und überlagert sie mit zeitgenössischen Bedürfnissen der verschiedenen Nutzer des Ortes.
Zwei Hauptanliegen liegen dem Entwurf zugrunde. Einerseits soll mit temporären Mitteln ein neuer, identitätsstiftender Ort im Stadtbezirk Mitte entstehen, der qualitativ hochwertige, belebende Stadtplätze aufweist. Andererseits sollen die neuen Orte so gestaltet sein, dass sie von den vielfältigen Akteuren und Interessengruppen für ihre eigenen Zwecke angeeignet werden können. Sie sind Projektionsflächen für die Imaginationen, Wünsche und Bedürfnisse der verschiedenen Nutzenden.
Für die Bespielung des Ortes werden 15 Objekte der Entfaltung kreiert, die auf die Geschichte des Ortes und ihre Neuinterpretation basieren. Sie dienen jeweils auf unterschiedliche Art als Bühne oder Tribüne und agieren in Synergie miteinander. Sie dienen Akteuren des Haus der Statistik Raum für ihre vielfältigen, meist subkulturellen Aktivitäten sowie Nachbarn und Touristen.
Das Haus der Statistik ist ein international bekannter Bau und Ort, dessen Neubesetzung seit 2018 als kooperativer Prozess der Stadtentwicklung von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Nutzerarten gemeinsam entwickelt wird. Seine Geschichte ist spektakulär: vom Verkauf des Baus durch die Stadt Berlin an Investoren über die illegale Besetzung des Baus durch Künstler, die bezahlbare Wohnungen und Kulturräume forderten, bis hin zur Renovierung und Vermietung der Räume durch partizipative Verfahren.
Vom Bau des Königstor und der St. Georgenkirche 1780, über die Stadtmauer, die Tramlinien, die Karl-Marx-Alle, bis heute, bildet der Ort eine Schnittstelle sich überlageren-der Zeit und Raumschichten in der Stadtkarte Berlins aus.
Die Räume werden als Teil eines größeren Freiraum-systems gelesen- als Köpfe und Sequenzen der Karl-Marx-Allee, als Schnittstellen und Trittsteine in den erweiterten Stadtraum und die Quartiersstrukturen.
Der Verkehrsraum zerschneidet die Orte, schafft Fragemente ohne Bezug zueinander. Eine Fortsetzung der bestehenden Bäume kann das Kitt bilden, welches alles zusammenhält.
Die bestehenden Baumstrukturen sind Ausdruck der Stadtbaugeschichte der näheren Umgebung. Sie um-armen den Vorplatz vor dem Haus der Statistiks und es scheint, als würden sie auf ihn zu marschieren und seine Präsenz als Leere zu betonen.
Der Ort beteiligt sich an einer inneren und eine äusseren Welt zugleich, mit Bezügen zu bedeutenden Stadträumen, als auch in die internen Welten des Haus der Statistik. Kann der Raum einen Dialog eröffnen zwischen Stadt-raum und Mensch?
Verbliebene, aber auch verdeckte Objekte wecken Assoziationen, Erinnerungen und dienen als Katalysatoren für unsere Imagiantionen über unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.